Deshalb sind Feministinnen immer so zornig.
In meiner Schulzeit wurde bei Bewerbungstrainings ein Ratschlag sehr deutlich gemacht: Wir müssten aufpassen, dass nirgendwo in diesem Internet auch nur ansatzweise Partyfotos von uns existieren. Ein Bild mit einer Bierflasche – egal ob man daraus trinkt oder nicht, die Nähe zählt – und wir wären beim Arbeitgeber unten durch. Wie schön, dass für 16-jährige Ferialpraktikanten strengere Regeln gelten als für amerikanische Höchstrichter.
Unschuldsvermutung vs. Minimalansprüche
Kavanaugh will be the 114th Supreme Court justice in US History.
108 have been white men.
Four have been women.
Three have been nonwhite.
Only one has been a woman of color, which is now less than the amount of men who have been confirmed amid sexual misconduct allegations
— Astead (@AsteadWesley) October 6, 2018
Ich weiß nicht, ob Brett Kavanaugh 1982 versucht hat, Christine Blasey Ford zu vergewaltigen oder die anderen beiden Anklägerinnen belästigt hat. Ja, es kommt mir realistischer vor, dass er so betrunken war, dass er sich nicht mehr daran erinnern kann, als dass sie 2012 die Geschichte erfunden und ihrem Therapeuten erzählt hat, für den Fall, dass vier Jahre später Donald Trump Präsident wird und dann zwei Jahre später Kavanaugh zum Höchstrichter machen will. Trotzdem, solange nichts bewiesen werden kann, gilt natürlich die Unschuldsvermutung – es will ihn ja auch niemand einsperren. Ob man ihn lebenslang zu einem der mächtigsten Richter der USA machen soll, ist aber eine andere Frage.
Schon allein die Darbietung bei seiner Anhörung versprach nicht gerade das, was man mit einem Richter grundsätzlich verbindet: Würde, Besonnenheit, Unparteilichkeit. Auch mit so einem Verhalten im Vorstellungsgespräch hätte man mit 16 keinen Ferialjob bekommen.
"Yes, I was extremely emotional at my job interview. Too emotional, perhaps. But that proves I am uniquely qualified to be a non-partisan, level-headed and wise Supreme Court Judge!"
— Hadley Freeman (@HadleyFreeman) October 5, 2018
Dann kann ja jede einfach …
Wenn ich noch einmal höre, dass dann ja jede Frau einfach so irgendwelche Anschuldigungen erstellen kann, dann schrei ich. Dr. Christine Ford hat wegen ihrer Anschuldigungen Morddrohungen erhalten, sie wurde wüst beschimpft, ihre E-Mails wurden gehackt, ihre Anschrift und die ihrer Familie öffentlich geteilt. Und das alles dafür, dass der Mann jetzt doch Höchstrichter wird. Wow, da hat sie es ihm aber gezeigt.
Can you name all 59 women who came forward against Cosby? Can you name half of them? Can you name 5? Would you recognize them out of context? Do you want an autograph?
Cool so we agree that women don’t make rape accusations to become famous.
— feminist next door (@emrazz) April 27, 2018
Öffentliche Belästigungsanschuldigungen sind für Frauen immer noch mit Hass und Drohungen gegen sie verbunden und weit weg von einer Abkürzung zu Ruhm und Reichtum. Selbst als Racheinstrument eignen sie sich schlecht, da die zerstörte Karriere des Beschuldigten keineswegs vorbestimmt ist. Oft ist es eher das öffentliche Bild der Frau, das danach zerstört ist. Dazu kommt, dass sexuelle Belästigung für Frauen immer noch mit sehr viel Scham verbunden ist: Victim Blaming – so tief in der Gesellschaft verankert, dass es schwer aus den Köpfen zu kriegen ist.
Trump is right, it's a scary time for young men in America. Imagine constantly wondering if or when you'll be accused of something, and never knowing which women you can trust. Scary stuff!
But there are ways to protect yourself. I made this handy guide. pic.twitter.com/3DCjemLcJi— Rebecca Cohen NYCC Nomad (@GynoStar) October 4, 2018
Und jetzt?
Donald Trump wird aus dieser Geschichte gestärkt hervorgehen: Sie hat ihm einmal mehr gezeigt, dass er einfach mit allem durchkommt. Für sehr viele Frauen ist die Kavanaugh-Bestätigung ein Schlag ins Gesicht. Sie zeigt, dass Gleichberechtigung noch lange nicht erreicht ist: Nicht, solange der Wert, der unseren Aussagen beigemessen wird, so niedrig ist.
Aus aktuellem Anlass 😡 pic.twitter.com/N7lvbXsl3X
— Katja Dörner (@katjadoerner) October 6, 2018
Nicht, solange die Ansprüche, die an das Verhalten von Männern und Frauen gestellt werden, so unterschiedlich sind. Solange es heißt, dass es keine Frauenquote geben darf, weil dann ja die Qualität sinkt. Aber eigentlich egal welcher Mann Höchstrichter werden kann, solange die politische Einstellung passt. Hoffen wir, dass die Demokratische Partei durch diese Geschichte aufgeweckt wird.
This tweet is for Dr. Ford. You put yourself through so much and I want you to know it wasn’t in vain. You started a movement and we’ll see it through. If they won’t listen to our voices, then they’ll listen to our vote.
— Ellen DeGeneres (@TheEllenShow) October 6, 2018
Ich weiß, dass von meinen Lesern und Leserinnen vermutlich echt niemand bei der Wahl zum Repräsentantenhaus etwas zu sagen hat, aber diese Werbung ist trotzdem EXTREM gut - und so ein bisschen kann man sie ja auch auf die nächste Wahl bei uns anwenden: https://www.youtube.com/watch?v=t0e9guhV35o
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